Mikroben-Cocktail für besseren Wein

                              

Mikrobologie in kleinen Häppchen

Mikroben-Cocktail für besseren Wein

Mikroorganismen leben und interagieren in verschiedenen Ökosystemen, auch in fermentierten Lebensmitteln. Wein zum Beispiel beherbergt eine große Vielfalt an einzelligen Pilzen, den Hefen. Diese Population von Mikroorganismen setzt sich in der Regel aus Vertretern mehrerer Gattungen, Arten und Stämmen zusammen. Die meisten Weine werden durch Reinkulturen von industriell hergestellten Saccharomyces cerevisiae Stämmen vergoren. Die Spezies S. cerevisiae gewährleistet die Herstellung von Qualitätsweinen, da sie besonders effizient bei der Umwandlung von Zucker in Alkohol während der Gärung ist. Wenn diese Umwandlung abgeschlossen ist, gilt die Gärung als beendet. In letzter Zeit wird der Zusatz weiterer Hefegattungen erforscht, um die aromatische Komplexität des Weins zu verbessern und den Alkoholgehalt zu kontrollieren. Einige Arten ermöglichen eine Verringerung der Alkoholkonzentration, während andere blumige, rauchige, fruchtige oder nussige Aromen einbringen.

Welches sind die optimalen Bedingungen für diese Mischgärungen? Um diese Frage zu beantworten, hat ein Forscherteam aus Montpellier eine Studie durchgeführt, die Aufschluss über die Interaktionen zwischen Hefen unter typischen Weingärungsbedingungen gibt.

An dem Experiment nahmen vier neue Hefen teil: zwei Arten der Gattung Hanseniaspora und zwei Arten der Gattung Metchnikowia. Sie wurden jeweils allein (Monokulturen) und in Verbindung mit S. cerevisiae (Mischkulturen) vergoren. Die Versuchsgärungen wurden jeweils 300 Stunden (12 ½ Tage) lang verfolgt und die Parameter, einschließlich des Verbrauchs von Zucker, Stickstoff und der Produktion von Stoffwechselprodukten, analysiert.

Abbildung 1: Typischer Verlauf einer Weingärung. Verfolgt wurden die CO2-Produktionsrate (dCO2/dt), Hefekonzentration (Population, in Mio. Zellen/mL), Stickstoffkonzentration (Nitrogen, in mg/L), Glukosekonzentration (g/L) und Ethanolkonzentration (g/L) über die Zeit.

Nur die Monokultur von S. cerevisiae beendete die Versuchsgärung und hinterließ nach 220 Stunden nur 0,1 % der ursprünglichen Zuckerkonzentration. Damit übertraf sie die Monokulturen der anderen Hefegattungen deutlich. Letztere waren nicht in der Lage die Gärungen zu beenden; sie hinterließen zwischen 45 % und 71 % des ursprünglichen Zuckers. Auch die Mischkulturen hatten die Gärung nach der vorgegebenen Zeit von 300 Stunden noch nicht abgeschlossen, aber verschiedene Anzeichen deuteten darauf hin, dass sie dazu in der Lage wären, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten. 

Den Forschenden fiel auch auf, dass in Mischkulturen mehr Hefezellen absterben als in Monokulturen. Eine Hypothese zur Erklärung dieser Beobachtung ist, dass eine der beiden Hefearten Stoffwechselprodukte produziert, die giftig für die andere Art sind. So wird beispielsweise das von S. cerevisiae produzierte Ethanol in hohen Konzentrationen von der anderen Art nicht gut vertragen. Tatsächlich ist die Menge des in Mischkulturen produzierten Ethanols ähnlich hoch wie in Gärungen mit S. cerevisiae alleine, während sie bei den anderen Monokulturen geringer ist. 

Die Produktion von Essigsäure, die im Wein begrenzt werden muss, scheint ebenfalls von der Gattung abzuhängen. Die Hanseniaspora-Hefen produzieren mehr Essigsäure als die Metchnikowia-Hefen. 

Schließlich produzierten die Mischkulturen mehr Glycerin als alle Monokulturen, was dem Wein zwar nicht mehr Geschmack, aber eine geschmeidigere Textur verleiht. Dieses letzte Ergebnis zeigt, dass Mischkulturen auch bestimmte Vorteile haben können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die effiziente S. cerevisiae-Hefe die Gärung dominiert und, dass die Gärungsparameter der Mischkulturen ein mittleres Niveau im Vergleich zu den beiden entsprechenden Monokulturen erreichen. Bei der Produktion einiger Metaboliten sind die Mischkulturen jedoch effizienter als die beiden entsprechenden Monokulturen.

An Ideen für weitere Schritte mangelt es nicht, und andere Assoziationen, die das Zusammenspiel von Stämmen derselben Hefeart oder Fermentationen ohne S. cerevisiae einbeziehen, werden verfolgt. Die Fortsetzung dieser Arbeiten verspricht die Entdeckung von intensiven, aromatischen Weinen.


Link zum Originalartikel: O. Harlé, J. Legrand, C. Tesnière, M. Pradal, J.-R. Mouret, & T. Nidelet: Investigations of the mechanisms of interactions between four non-conventional species with Saccharomyces cerevisiae in oenological conditions, PLOS ONE, vol. 15, no 5, p. e0233285, may 2020, doi: 10.1371/journal.pone.0233285

Titelbild: https://www.flickr.com/photos/benmacaskill/43835494530


Übersetzt von Florian Theßeling