
Mikrobologie in kleinen Häppchen
Sauerteigbrot – Aromatisch durch Mikroben.
Brot ist ein wichtiger Bestandteil vieler Kulturen, und wer liebt nicht einen warmen Brotlaib frisch vom Bäcker? Sauerteigbrot ist ein von einer mikrobiellen Gemeinschaft aus Hefen und Bakterien fermentiertes Lebensmittel. Die wichtigsten Mitglieder dieser Gemeinschaft sind Hefen, Milchsäurebakterien und Essigsäurebakterien. Diese Mikroben bilden organische Säuren (wie Milchsäure oder Essigsäure), die dem Sauerteigbrot seinen unverwechselbaren Geschmack verleihen, sowie CO2, welches das Brot aufgehen lässt.
Um Sauerteigbrot zu backen, braucht man einen Starter. Also einen Grundstock dieser Mikrobengemeinschaft, die gefüttert und gepflegt werden muss, um regelmäßig damit Brot zu backen. Man kann sich diesen Starter wie ein kleines Haustier vorstellen, das man täglich oder – bei Lagerung im Kühlschrank – auch seltener füttern muss, um es fit und aktiv zu halten. Dieser Starter ist einfach herzustellen: Man braucht nur Mehl und Wasser. Alternativ kann man den Starter auch aus kommerziellen Quellen beziehen oder von einem Bekannten, der selbst Sauerteigbrot backt.

Die meisten bisherigen Studien über Sauerteigbrot wurden in Europa durchgeführt. In ihrer neuen Studie sammelten E. Landis und Kollegen jedoch 500 Sauerteigstarter aus der ganzen Welt. Die meisten Proben stammten in diesem Fall aus den USA, aber auch aus Europa, Kanada, Australien, Neuseeland und Thailand. Um ihre mikrobielle Zusammensetzung zu untersuchen, sequenzierten sie die DNA aus den Proben. Hierzu isolierten sie die gesamte im Sauerteigstarter vorhandene DNA, um diese dann mittels Sequenzierung abzulesen und den verschiedenen enthaltenen Organismen zuzuordnen. In allen Proben fanden sie insgesamt sieben verschiedene Bakterien- und 35 Hefearten.
Die Autoren stellten fest, dass die meisten Gemeinschaften von einer einzigen Hefe und/oder einem einzigen Bakterium dominiert wurden. So wurde die Hefe Saccharomyces cerevisiae (mehr über S. cerevisiae erfährst du am Ende des Artikels) in mehr als 77 % der Starterkulturen gefunden und machte dann jeweils mehr als die Hälfte der mikrobiellen Gemeinschaft aus, während Fructilactobacillus sanfranciscensis (früher L. sanfranciscensis) das dominierende Bakterium in den meisten Startern war. Die Autoren entdeckten auch eine unterrepräsentierte Bakterienart: Essigsäurebakterien wurden in fast 20 % der Starter gefunden, allerdings nur in geringer Menge.
Anschließend versuchten sie zu verstehen, woher die Unterschiede in den Gemeinschaften kamen. Sie untersuchten die geografischen Unterschiede, das Alter, den Lagerungsort (Kühlschrank oder Raumtemperatur), die Merkmale der häuslichen Umgebungen, usw. Die insgesamt 33 untersuchten Parameter erklärten jedoch nur 10 % der Unterschiede in der Zusammensetzung der Gemeinschaften.
Sie stellten jedoch fest, dass einige Spezies unter bestimmten Parametern angereichert waren. So wurden beispielsweise jüngere Starter häufig von den Milchsäurebakterien Lactobacillus plantarum und L. brevis dominiert, während ältere Starter häufig F. sanfranciscensis enthielten. Die folgende Abbildung zeigt die Beziehung zwischen dem Parameter und dem Organismus: je weiter von der Mittellinie entfernt, desto mehr Einfluss hat der Parameter auf das Vorhandensein der Hefe/Bakterien.

Schließlich interessierten sich die Autoren für die Aromaprofile und wie die mikrobielle Zusammensetzung diese beeinflusst. Sie wählten 40 Starter aus und bestimmten ihre flüchtigen organischen Verbindungen (engl. Volatile organic compunds, VOC) – sozusagen ihre chemischen Fingerabdrücke. Sie fanden 14 vorherrschende sensorische Noten wie z.B. hefig, Essig/Essigsäure/essig-sauer, grüner Apfel, fermentiert-sauer und Ethylacetat/Lösungsmittel. Der Hauptunterschied zwischen den Gemeinschaften war die Veränderung der Häufigkeit der Essigsäurebakterien. Obwohl sie in der Gemeinschaft nur in sehr geringer Zahl vorkamen, schienen sie die Vielfalt der Aromen in den verschiedenen Proben stark zu beeinflussen.
Die in dieser Studie unterrepräsentierten Mikroben zeigten, dass sie einen großen Einfluss auf die Aromaprofile der verschiedenen Sauerteige haben. Manchmal sind die kleinsten Kerle trotzdem die Stärksten.
Link to the original post: Landis, E. A. et al. The diversity and function of sourdough starter microbiomes. Elife 10, 1–24 (2021).
Doi: 10.7554/eLife.61644
Übersetzt von Florian Theßeling