
Mikrobologie in kleinen Häppchen
Die Umwandlung von Xylit im menschlichen Dickdarm.
Angesichts des in der Lebensmittelindustrie beliebten „zero sugar“-Konzepts ist die Erforschung und Anwendung von Zuckerersatzstoffen seit langem von großem Interesse für Forschung und Entwicklung. Xylit ist einer dieser Zuckerersatzstoffe, der von Natur aus in Obst, Gemüse und Kleie vorkommt, allerdings nur in geringen Anteilen.

Wenn Xylit in den menschlichen Verdauungstrakt gelangt, kann nur ein kleiner Teil direkt vom Dünndarm aufgenommen werden, so dass mehr als die Hälfte des aufgenommenen Xylits den Dickdarm erreicht. Die Auswirkungen von Xylit auf die Gesundheit des Dickdarms sind jedoch noch nicht ausreichend erforscht.
Um die unbekannten Auswirkungen von Xylit auf die Gesundheit des Dickdarms zu untersuchen, fütterten Xiang et al. zunächst Mäuse drei Monate lang mit Futter mit unterschiedlichen Xylit-Konzentration (2 % und 5 %). Die Zusammensetzung der Darmflora von Menschen und Mäusen unterscheidet sich, sodass Mäuse die menschliche Situation nicht vollständig abbilden können. Ideal wäre die Verwendung von gnotobiotischen Mäusen, die keine eigene Darmflora besitzen und denen stattdessen menschliche Darmbakterien transplantiert wurden. Die Kosten für solche Experimente sind allerdings sehr hoch (siehe diesen MicroBites-Artikel, um mehr über diese Modelle zu erfahren).
Als Alternative zu diesem Experiment, verwendete das Forschungsteam eine kosteneffizientere Methode, um die Reaktion der menschlichen Darmmikrobiota auf Xylit zu untersuchen: ein System für die in vitro Simulation des Darms (engl. In vitro colonic simulation system, kurz CDMN). CDMN ist ein Fermentationssystem, das drei Bioreaktoren mit kontrolliertem pH-Wert enthält, die verschiedene Regionen des menschlichen Dickdarms darstellen. Um die Zusammensetzung der Darmmikrobiota im menschlichen Dickdarm zu simulieren, wurden menschliche fäkale Mikrobiota verwendet. Da im CDMN keine Wirtsfaktoren vorhanden sind, kann es nicht für die Erforschung der Mikrobiota des Wirtes verwendet werden. Glücklicherweise repräsentiert die Mikrobiota-Zusammensetzung im CDMN 88 % der Mikrobiota des Dickdarms, so dass es ein gutes Instrument ist, um die Verdauung der Nahrung durch die Darmmikrobiota zu untersuchen.
Interessanterweise stellte das Forschungsteam sowohl bei Mäusen als auch bei den in vitro Experimenten fest, dass Xylit die Zusammensetzung der Darmmikrobiota nicht signifikant verändert. Anschließend maßen sie die kurzkettigen Fettsäuren (engl. Short chain fatty acids, kurz SCFAs), darunter Acetat, Propionat und Butyrat. Diese Moleküle bieten Vorteile für den Wirt, wie die Hemmung von Krankheitserregern, sowie entzündungshemmende und krebsbekämpfende Eigenschaften. Das Forschungsteam stellte fest, dass die SCFAs unter beiden Bedingungen zunahmen, insbesondere Propionat im Darmlumen der Mäuse und in der CDMN. Propionat wird hauptsächlich in der Leber verstoffwechselt und hemmt die Cholesterinsynthese, nachdem es aufgenommen wurde. Darüber hinaus wird berichtet, dass Propionat das Mikroökosystem im Darmlumen reguliert. Einige Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Mäuse mit übermäßigem Propionatkonsum zu ängstlichem Verhalten neigen.
Die Darmmikrobiota verfügen über ein Gen für den Abbau komplexer Polysaccharide, das viel häufiger vorkommt als das menschliche Pendant. Das Forschungsteam analysierte das Metatranskriptom, um die wichtigsten Enzyme und Bakterien zu untersuchen, die für den Abbau von Xylit verantwortlich sind. Auf molekularer Ebene stellten sie fest, dass die Enzyme Xylitol-Dehydrogenase, Xylulokinase und Xylulosephosphat-Isomerase für den Xylit-Stoffwechsel entscheidend sind und in den Gattungen Bacteroides und Lachnospiraceae vorkommen. Xylit wurde nacheinander in D-Xylulose, D-Xylulose-5-phosphat und D-Ribulose-5-phosphat umgewandelt (siehe Abbildung). Daher werden Bacteroides und Lachnospiraceae als die zentralen Bakterien für die Xylitverdauung angesehen.

Der Prozess des cross-feeding, bei dem ein Organismus Metaboliten konsumiert, die von einem anderen ausgeschieden wurden, ermöglicht die Zusammenarbeit bestimmter Bakterien, um Metaboliten abzubauen und zu produzieren. Die Verteilung der Hauptenzyme in der menschlichen Darmmikrobiota deutet darauf hin, dass die Darmbakterien zusammenarbeiten, um Xylit abzubauen. Um dieses cross-feeding zu bestätigen, testete das Forschungsteam fünf repräsentative Darmbakterienarten. Dabei wurde eine wechselseitige Beziehung zwischen Lactobacillus reuteri, Bacteroides fragilis und Escherichia coli bei der Verwertung von Xylit festgestellt.
Die hier beschriebene Studie untersucht die Rolle der Darmmikrobiota beim Abbau von Xylit im menschlichen Dickdarm. Darüber hinaus kann sie als Ausgangspunkt für weitere Studien über die Mechanismen von Präbiotika und die Veränderung der Darmmikrobiota dienen.
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Titelbild: Vom Verfasser erstellt
Übersetzt von Mihaela Bozukova