Mikroben und Immunzellen gemeinsam gegen resistente Krankheitserreger.

                                

Mikrobologie in kleinen Häppchen

Mikroben und Immunzellen gemeinsam gegen resistente Krankheitserreger.

Antibiotika sind chemische Substanzen, die Mikroorganismen abtöten oder deren Wachstum hemmen können [1]. Mit der Entdeckung von Penicillin im Jahr 1928 durch Alexander Flemming folgte die goldene Ära der Antibiotika, und die Menschheit glaubte die Wunderwaffe im Kampf gegen Infektionskrankheiten gefunden zu haben [2]. Während Antibiotika an Beliebtheit gewannen, nahm auf Seiten der Pathogene das Risiko der Resistenzentwicklung immer weiter zu. Mit der Zeit entwickleten die Krankheitserreger die unterschiedlichsten Abwehrmechanismen, um sich selbst vor nun fast allen verfügbaren Antibiotika zu schützen [1]. Um die Antbiotikaresistenzkrise anzugehen, schließen sich internationale Gesundheitsorganisationen und Forschende auf der ganzen Welt zusammen.

Wo finden wir Krankheitserreger und was verursachen sie?

Pathogene befinden sich an unterschiedlichen Körperstellen oder in der Umwelt, von wo sie einen guten Übetragungsweg zu ihrem Wirt haben. Das umfasst beispielsweise die Haut, die Lunge, den Darm oder das Blut. Sie sind Auslöser von Krankheiten wie beispielsweise Harnwegsentzündungen, Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen [3].

Klebsiella pneumoniae ist einer dieser Erreger, welcher üblicherweise im Darm zu finden ist, wo er lebensgefährliche Infektionen hervorrufen kann. Seine antibiotikaresistente Form hat sich mittlerweile auf alle Regionen der Welt ausgebreitet und auch die stärksten Antibiotika sind möglicherweise nicht länger effektiv [4].

Warum verhindern wir dann nicht an erster Stelle die Infektion und anschließende Ausbreitung von Kleibsiella Pneumoniae?

Damit das möglich ist, sollten wir uns zuerst die Faktoren ansehen, welche zu einer erfolgreichen Infektion beitragen. Das führt uns dazu, die Zusammenhänge zwischen dem Mikrobiom, der Wirtsimmunität und der Auswirkung auf die Infektion zu hinterfragen.

Vor Kurzem haben Sequeira und sein Team zwei neue Mechanismen entdeckt, mit denen das Mikrobiom das Immunsystem des Wirts auf eine Art und Weise beeinflusst, die die Infektion durch Kleibsiella pneumoniae verhindert [5]. Werfen wir nun einmal gemeinsam einen genaueren Blick darauf, wie das möglich ist.

Im menschliche Mikrobiom sind, je nach Körperstelle, verschiedene Mikroorganismen zu finden. Nützliche Vertreter des Stammes der Bacteroidetes befinden sich beispielsweise im Darm. Als Teil seines Genoms kann es einen sogenannten “commensal colonization factor” (CCF) tragen. In Anwesenheit von diesem CCF produzieren Bacteroidetes schützende Polysaccharid-Kapseln. Dadurch entsteht eine starke Assoziation mit der Darmwand. Dies wiederum stimuliert das angeborene Immunsystem [5]. Daraufhin wird eine Antwort durch Makrophagen eingeleitet und damit verbunden kommt es zu einer erhöhten Sekretion von IL-36𝛄. IL-36 ist ein proinflammtorisches Zytokin (d.h. Signalmolekül), welches nach der Bindung an den entsprechenden Rezeptor eine Signalkaskade aktiviert. Diese verhindert dann die Kolonisierung von K. pneumoniae im Darm (Abb. 1, links). Das IL-36 Signal ist somit abhängig von Makrophagen. Sind diese Zellen oder der CCF Lokus selber reduziert, erlangt K. pneumoniae seine Fähigkeit zur Kolonisierung wieder [6].

Abbildung 1: Interaktion zwischen dem Mikrobiom, dem Wirtsimmunsystem und der Gewebsumgebung zur Bekämpfung von Kleibsiella Infektion im Darm (links) oder den oberen Atemwegen (rechts)

Mit Blick auf die oberen Atemwege, sind es allerdings nicht Bacteroidetes sondern Proteobacteria, welche primär den Ausgang einer K. pneumoniae Kolonisierung bestimmen [5]. Dabei nutzt diese Spezies den IL-17A Zytokin Signalweg. Daraus resultierend kann die Kolonisierung von nicht verkapselten K. pneumoniae in Anwesenheit von Protetobacteria verhindert werden [6]. Dennoch scheitert der Schutz für verkapselte K. pneumoniae, welche weiterhin in der Lage sind, die oberen Atemwege zu kolonisieren (Abb. 1, rechts). Während die Verkapselung von Bacteroidetes Spezies vor der Kolonisierung von K. Pneumoniae im Darm schützen, nutzt K. Pneumoniae selbst die Verkapslung, um dem Schutz durch Proteobacteria in den oberen Atemwegen zu entgehen. Durch Ausschaltung des IL-17A Zytokin-Signals, konnte die Infektiosität von nicht verkapselten K. pneumoniae wiederhergestellt werden. Während dessen zeigte verkapseltes K. pneumoniae keinen signifikant unterschiedliches Verhalten auf die An- oder Abwesenheit des Zytokins [6]. Das zeigt, dass Pathogene ebenfalls in der Lage sind, ihre eigenen Abwehermechanismen gegen vorhandene Kolinisierungs-Resistenzen auszubilden.

Zusammengefasst konnten die Autoren zeigen, dass die Mikrobiome von Erwachsenen zwar Schutz gegen die Kolonisierung von antibiotikaresistenten K. pneumoniae im Darm liefern können, jedoch nicht in den oberen Atemwegen. Verschiedene Virulenzstrategien des selben Pathogens können je nach Körperstelle genutzt werden, um die Schutzbarriere des Wirtes zu durchbrechen. Das Verstädnis über die unterschiedlichen Kommunikationswege zwischen Pathogen und der Mikroumgebung des Gewebes kann uns weitere Möglichkeiten zur Entwicklung neuer antimikrobieller Strategien geben, welche als Alternative zu den übermäßig genutzten Antibiotika genutzt werden sollen. Die Studie könnte auf klinisch relevante Pathogene erweitert werden wie beispielsweise multiresistente Keime, um gemeinsame Mechanismen der Kolonisierungs-Resistenzen zu erforschen und weitere Muster zwischen der Interaktion von Pathogenen, dem Mikrobiom und dem Immunsystem des Wirtes zu identifizieren.


Link zum Originalbeitrag: Sequeira, R. P., et al. (2020). “Commensal Bacteroidetes protect against Klebsiella pneumoniae colonization and transmission through IL-36 signalling.” Nat Microbiol 5(2): 304-313.

Weitere Quellen:

  1. Aminov, R. I. (2009). “The role of antibiotics and antibiotic resistance in nature.” Environ Microbiol 11(12): 2970-2988.
  2. Hutchings, M. I., et al. (2019). “Antibiotics: past, present and future.” Curr Opin Microbiol 51: 72-80.
  3. CDC – Healthcare-associated Infections – Homepage. https://www.cdc.gov/hai/index.html September 12, 2021
  4. WHO – Antimicrobial Resistance – Homepage. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/antimicrobial-resistance September 12, 2021
  5. Solis, A. G. and M. Levy (2020). “The biogeography of colonization resistance.” Nat Microbiol 5(2): 234-235.
  6. Sequeira, R. P., et al. (2020). “Commensal Bacteroidetes protect against Klebsiella pneumoniae colonization and transmission through IL-36 signalling.” Nat Microbiol 5(2): 304-313.

Titelbild: Darryl Leja, NHGRI on Flickr


Übersetzt von Thi Anh Mai Pham