Enzyme, die Plastik abbauen – eine umweltfreundliche Lösung für die Plastikverschmutzung

                              

Mikrobologie in kleinen Häppchen

Enzyme, die Plastik abbauen – eine umweltfreundliche Lösung für die Plastikverschmutzung

Das Problem

Sieh dich um. Wie viele Gegenstände in deiner Umgebung bestehen aus Plastik? 

Stell dir nun vor, was passiert, wenn du diese Gegenstände nicht mehr benutzt und in den Müll wirfst. Vielleicht entsorgst du sie im Hausmüll, vielleicht in der Wertstofftonne. Doch in beiden Fällen besteht wenig Hoffnung, dass das Plastik umweltfreundlich entsorgt wird. Nur 9% des Plastikmülls werden tatsächlich recycelt, und Plastik, das auf der Mülldeponie landet, zerfällt in langlebiges Mikroplastik, das für sehr lange Zeit eine Gefahr für die Umwelt bleibt. Außerdem können Kunststoffe nur in begrenzter Anzahl recycelt und in wenigen Anwendungsbereichen wiederverwendet werden. 

Die Lösung 

Was können wir also gegen das Problem der Plastikverschmutzung tun, das auf der ganzen Welt herrscht? Laut der Biotechnologie können wir entweder Biokunststoffe herstellen, die sich in der Umwelt selbst zersetzen, oder wir können nach Organismen in der Natur suchen, die die Kunststoffe für uns abbauen. Letzteres wird als Bioremediation bezeichnet und beschreibt den Einsatz biologischer Systeme zur Beseitigung von Schadstoffen aus der Umwelt, wie in diesem Fall Kunststoff. Dieser Ansatz ist umweltfreundlicher als die herkömmliche physikalische und chemische Abfallentsorgung und greift das Problem direkt an der Wurzel, indem die giftigen Bestandteile beseitigt werden. 

Einer der beliebtesten Ansätze in der Forschung zur Bioremediation ist die Isolierung von bakteriellen Enzymen, die Kunststoffe abbauen können. Enzyme sind biologische Moleküle, genauer gesagt Proteine, die eine chemische Reaktion beschleunigen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil vieler physiologischer Prozesse allen Lebens auf der Erde. Der Wirkungsgrad der meisten bakteriellen Enzyme, die Kunststoffe abbauen, ist jedoch zu gering, um brauchbare kommerzielle Lösungen für den Kunststoffabbau entwickeln zu können. Daher liegt ein großer Forschungsschwerpunkt auf der Optimierung der Enzymaktivität.

Die Wissenschaftler*innen der hier beschriebenen Studie beschlossen, dieses Problem auf innovative Weise anzugehen – und zwar mithilfe von Biofilmen. Das sind Ansammlungen von Bakterien, die durch eine von ihnen selbst abgesonderte, dickflüssige Matrix zusammengehalten werden. Biofilme tragen zum Überleben und zur Vermehrung der Bakterien unter ungünstigen Umweltbedingungen bei. 

Die Forscher*innen stellten die Hypothese auf, dass eine verbesserte Fähigkeit zur Bildung von Biofilmen zu einer Erhöhung der Enzymkonzentration auf dem Kunststoff führen würde. Die Enzyme würden in der Matrix eingeschlossen werden und die Geschwindigkeit des biologischen Abbaus würde dadurch gesteigert werden. Sie identifizierten außerdem neue kunststoffabbauende Enzyme und analysierten, ob ihre Effizienz durch die Bildung eines Biofilms erhöht werden kann. 

Wie es gemacht wurde 

Die Wissenschaftler*innen beschlossen, nach neuartigen Enzymen zu suchen, die PET (Polyethylenterephthalat) in Produkte zersetzen, die wiederum in den biologisch abbaubaren Kunststoff PHA (Polyhydroxyalkanoat) umgewandelt werden können. Sie wählten folglich einige Enzyme mit einer solchen Aktivität aus, und sie identifizierten außerdem ähnliche, aber neuartige Enzyme. Anschließend veränderten die Forscher*innen E. coli Bakterien so, dass diese die entsprechenden Enzyme produzierten, und überprüften dann, wie gut die Bakterien PET abbauen konnten. Es stellte sich heraus, dass die Bakterien darin tatsächlich sehr gut waren, insbesondere wenn die Bakterien die Enzyme Dh3 und Dh5 produzierten. 

Die höchsten Punkte der rosafarbenen und blaugrünen Linien in diesem Diagramm (entsprechend Dh3 bzw. Dh5) ergeben sich aus den Abbauprodukten von PET. Dies deutet also darauf hin, dass diese beiden Enzyme das PET am besten abbauen konnten. Juhu! (Quelle: Howard & McCarthy 2023)

Die Wissenschaftler*innen wollten anschließend die Biofilmbildung in diesen Bakterien anregen. Dazu veränderten sie ein weiteres Protein namens DgcC in den Bakterien, welches für die effiziente Produktion von Biofilmen verantwortlich ist. Nur die Bakterien mit verändertem DgcC Protein konnten Biofilme bilden, was zur Folge hatte, dass die Konzentration und Anzahl der Bakterien innerhalb des Biofilms zunahmen. Außerdem konnten diese Bakterien im Vergleich zu ihren Artgenossen, die keinen Biofilm bildeten, in derselben Zeit eine größere Menge PCL, einen PET-ähnlichen Kunststoff, abbauen. 

Links – Das Reagenzglas der Bakterien mit dem veränderten DgcC-Protein zeigt einen violetten Ring, der auf Biofilmbildung hindeutet. Rechts – In der Probe, die den Bakterien mit dem DgcC-Protein ausgesetzt war, wird ein stärkerer PCL-Abbau beobachtet als in der Probe, die den Bakterien ohne DgcC-Protein ausgesetzt war. (Quelle: Howard & McCarthy 2023, erstellt mit Canva)
(Source: Howard and McCarthy 2023, Made using Canva)

Zukunftsperspektiven 

Die Enzyme, die in dieser Studie beschrieben wurden, haben ein enormes Potenzial für die nachhaltige Entsorgung von Kunststoffabfällen. So könnten beispielsweise Großanlagen errichtet werden, in denen Plastik direkt durch diese Enzyme oder indirekt durch Bakterien, die die Enzyme produzieren, in großen Mengen in Biokunststoffe umgewandelt werden. Mit Mikroplastik verunreinigte Böden könnten durch die Einführung dieser speziellen Bakterien behandelt werden. Mithilfe der in der Studie verwendeten Methoden könnten außerdem weitere Enzyme entdeckt werden, die verschiedene Arten von Kunststoffen abbauen könnten. 

Diese Studie stellt somit einen richtungsweisenden Schritt dar, um die weltweite Plastikverschmutzung auf umweltfreundliche Weise zu bekämpfen. 


Link to the original post: Howard, S.A., McCarthy, R.R. Modulating biofilm can potentiate activity of novel plastic-degrading enzymes. npj Biofilms Microbiomes 9, 72 (2023). https://doi.org/10.1038/s41522-023-00440-1

Additional references:

  1. Kenny, S. T. et al. (2008). Up-Cycling of PET (Polyethylene Terephthalate) to the Biodegradable Plastic PHA (Polyhydroxyalkanoate). Environ. Sci. Technol. 42, 7696–7701, https://doi.org/10.1021/es801010e  
  2. Kensa, V. M. (2011). Bioremediation-an overview. Journal of Industrial Pollution Control, 27(2), 161-168.

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übersetzt von: Ann-Kathrin Mehnert